Kurz-Info: Aristoteles – Logik und Methodik in der Antike

Der Platon Schüler Aristoteles (384 – 322 v.Chr.) hat viele Verdienste. So hat er z.B. als erster westlicher Philosoph systematische Abhandlungen zur Ethik verfasst. Er hat darüber hinaus auch ein komplexes Gedankengebäude entwickelt, das - abseits aller traditionellen Formen von religiöser Mythologie – ein umfassendes Weltbild zur (Selbst-)Orientierung des Menschen liefert. Aristoteles präsentierte dabei sein Weltbild nicht als das Ergebnis einer glückhaften Erleuchtung, sondern vertritt es stets als das Ergebnis kluger Überlegung, eben als etwas, was sich mit Argumenten gegen seine Kritiker verteidigen lässt. Genau das macht das aristotelische Weltbild, trotz aller Fehler und Unzulänglichkeiten, zu einer so wichtigen Etappe bei der Herausbildung der westlichen Verstandeskultur. Dieses aristotelische Weltbild beeindruckt Gelehrte späterer Epochen immer wieder so sehr, dass seine Wirkungen noch bis weit in die Renaissance hinein deutlich zu spüren sind.

AristotelesZusätzlich zu all dem gilt Aristoteles als Begründer der formalen Logik und kann auch mit einigem Recht als Vater der Wissenschaftsphilosophie betrachtet werden. Nur diese Leistungen aus dem Bereich antike Logik und Methodik sollen hier Thema sein.

Zwei logische Grundprinzipien

Aristoteles war der erste, der zwei bis heute zentrale logische Grundprinzipien in aller Deutlichkeit ausgesprochen hat. Es handelt sich dabei um:

Das Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch;
Das Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten (tertium non datur).

Noch etwas undeutliche Formulierungen im weiteren Umfeld dieser beiden Grundprinzipien kann man zwar schon bei Philosophen vor Aristoteles (namentlich bei Platon) finden, doch Aristoteles war der erste, der diese Grundprinzipien in aller Entschiedenheit und Deutlichkeit ausprach. Mehr noch: Aristoteles sieht als Begründer der formalen Logik auch mit aller Deutlichkeit, dass man solche, für das logische Denken so elementaren Grundprinzipien, nicht aus anderen, noch elementareren Grundsätzen herleiten kann. Und so erklärt Aristoteles zum Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch, dem nach Aristoteles sichersten aller Prinzipien:

Manche verlangen nun aus Mangel an Bildung, man solle auch dies beweisen; denn Mangel an Bildung ist es, wenn man nicht weiß, wofür ein Beweis zu suchen ist und wofür nicht. (Aristoteles, Metaphysik, Buch IV, Kapitel 4, 1006a)1

Der Syllogismus

Alle Menschen sind sterblich.
Alle Griechen sind Menschen.
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Alle Griechen sind sterblich.

Das obige Beispiel gehört zu den Standardbeispielen der syllogistischen Logik: Aus zwei Voraussetzungen wird die Schlussfolgerung Alle Griechen sind sterblich gewonnen. Solchen logischen Schlüssen unterliegt jeweils ein Schlussschema. Solche Schlussschemata (im obigen Beispiel ist der sogenannte Modus Barbara einschlägig) hat Aristoteles in seiner syllogistischen Logik untersucht. (Eine Schlussfolgerung wird dabei stets aus zwei Prämissen gewonnen.)

Insgesamt hat Aristoteles 14 solcher syllogistischen Schlussmodi ausdrücklich benannt und hinsichtlich ihrer logischen Struktur untersucht. Darüber hinaus hat er eine Systematik dieser Schlussmodi vorgestellt, in der 4 der syllogistischen Schlussmodi als sogenannte vollkommene Syllogismen ausgezeichnet werden und dazu dienen, um die anderen 10 Schlussmodi durch formale Herleitungen aus den 4 vollkommenen Syllogismen zu gewinnen.

Trotz gewisser Schwierigkeiten der syllogistischen Logik beim Umgang mit leeren Mengen: Es ist unglaublich beeindruckend, was Aristoteles hier geleistet hat. Etwas, was nochmals zusätzlich dadurch unterstrichen wird, dass Immanuel Kant nur wenig übertrieb, als er 2000 Jahre später feststellte, dass es seit Aristoteles in der Logik keine wirklichen Neuerungen mehr gegeben hätte.

Das aristotelische Konzept der Wissenschaften

Aristoteles unterscheidet drei Arten von Wissenschaft:

Beispiele für theoretische Wissenschaften sind die Mathematik wie die Astronomie, aber auch die Theologie. Als praktische Wissenschaften gelten Ethik und Politik, als herstellende Wissenschaft z.B. die Rhetorik, da sie sich mit der Herstellung guter Reden beschäftigt.

Aristoteles entwirft zudem das Bild streng systematisch aufgebauter Einzelwissenschaften, die ihre Resultate nicht nur (empirisch) finden, sondern diese auch stets herleiten (erklären) können. Es scheint fast so, als hätte Aristoteles die Elemente Euklids gelesen und würde den anderen Wissenschaften nun empfehlen, sich an diesem Vorbild zu orientieren. Nur: Euklids Elemente wurden erst nach Aristoteles verfasst. Allerdings wissen wir, dass die Bemühungen um einen systematischen Aufbau der Mathematik bereits früher einsetzten (es gab z.B. die „Elemente“ des Hippokrates von Chios). Über die Details solcher voreuklidischer Bemühungen um eine bessere Systematik in der Mathematik wissen wir so gut wie nichts. Es kann aber gut sein, dass sich Aristoteles in seiner Lehre vom Beweis an solchen Texten orientierte:

Aristoteles hat durchdacht, welche Grundlagen für eine beweisende Wissenschaft erforderlich sind, und hat das systematisch dargestellt. Ob er es an vielleicht schon vorhandenen „Elementen“ der Mathematik abgelesen hat, ist wohl kaum mit Sicherheit festzustellen.2

Indem Aristoteles sein allgemeines Leitbild für (theoretische) Wissenschaften so wählt, als hätte er sich am Beispiel einer axiomatisch aufgebauten, beweisenden Geometrie orientiert, bringt er sich in erhebliche Schwierigkeiten: Die Axiome der Geometrie können vielleicht noch durch Appelle an eine innere, abstrakte Anschauung motiviert und dabei zugleich (zumindest nach antiken Maßstäben) gerechtfertigt werden, aber wie soll dies bei vielen anderen Wissenschaften funktionieren? Eine allerdings etwas dubiose Lösung hierfür liefert die aristotelische Wesensphilosophie. Durch Wesensdefinitionen sollen die erforderlichen unbestreitbaren ersten Prämissen gefunden werden, mit deren Hilfe dann alles andere hergeleitet werden kann.


Der Text Aristoteles - Logik und Methodik in der Antike (www.antike-griechische.de/Aristoteles.pdf) schildert all diese Aspekte der aristotelischen Konzeption von Logik und Wissenschaftsphilosophie auf 36 Seiten. Dabei wird auch kurz auf die aristotelische Kategorienlehre und die Lehre der vier Typen von Ursachen eingegangen. Zusätzlich enthält der Artikel noch die wichtigsten biografischen Daten zu Aristoteles, sowie eine knappe Einordnung der ideengeschichtlichen Bedeutung seines Werks.

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1Aristoteles: Philosophische Schriften, Bd. 5, Metaphysik. Übersetzt von Hermann Bonitz. Hamburg: Meiner Verlag 1995. S. 69

2Helmuth Gericke: Mathematik in Antike, Orient und Abendland. Matrix Verlag: Wiesbaden 2005. S. 113.